Der Gewässerrichtplan Kander wurde am 30. Oktober 2013 durch den Regierungsrat beschlossen. Er hält fest, wie an der Kander und in ihrem Wirkungsbereich die Ziele der Wasserbaugesetzgebung erreicht und die wasserbaulichen Massnahmen auf andere fachliche und rechtliche Ansprüche sowie raumwirksame Tätigkeiten abgestimmt werden sollen. Er umfasst vier Schwerpunkte: Hochwasserschutz, Sohlenstabilisierung, Gewässerunterhalt und Ökologie. Aktuell werden die Massnahmen des Gewässerrichtplans durch die wasserbaupflichtigen Schwellenkorporationen und Gemeinden in einzelne Projekte umgesetzt.

Ausgangslage
Die Kander entspringt aus dem «Alpetli-Gletscher» im oberen Gasteretal und erstreckt sich über rund 45 km bis in den Thunersee. Die Kander hat Wildbachcharakter. Sie weist einen rasch und stark wechselnden Abfluss und eine zeitweise hohe Feststoffführung auf. Die Kander führt häufig Hochwasser. Der Hochwasserschutz an der Kander war deshalb bereits in früheren Jahrhunderten eine wichtige Angelegenheit. Der visionäre Kanderdurchstich von 1714 oder die Korrektions- und Begradigungsprojekte ab 1899 bannten die Hochwassergefahr im Kandertal in einem hohen Mass. Dies ermöglichte unter anderem den Bau und den Betrieb einer sicheren Bahnverbindung auf der Lötschberglinie, beeinträchtigten aber den ursprünglichen Flusslebensraum mit seinen begleitenden Auen stark oder liessen ihn gar ganz verschwinden.
Die Häufung von intensiven Hochwasserereignissen in der Neuzeit brachte das System an die Grenzen der hydraulischen Kapazität und seiner Belastbarkeit.
Um die anspruchsvollen Ziele und Vorgaben der heutigen Wasserbau-, Naturschutz-, Gewässerschutz- und Fischereigesetzgebungen erfüllen und diese aufeinander und auf weitere Nutzungsansprüche in Flussnähe abstimmen zu können, wurde das Projekt «Kander.2050» als integrale Planung gestartet.
Es wurde ein Gewässerentwicklungskonzept Kander, in welchem die verschiedenen Defizite und Potentiale der Kander und weitere Bedürfnisse erhoben wurden, erarbeitet und 2009 als breit abgestützte Grundlage abgeschlossen.
Auf Basis des Konzeptes wurden die gemäss kantonalem Wasserbaugesetz relevanten Elemente des Gewässerentwicklungskonzeptes Kander in einen behördenverbindlichen Gewässerrichtplan umgesetzt. Der Gewässerrichtplan Kander formuliert Massnahmen für den Hochwasserschutz, die Sohlenstabilisierung, den Gewässerunterhalt und die Ökologie sowie zur Umsetzung. Er wurde am 30. Oktober 2013 durch den Regierungsrat des Kantons Bern in Kraft gesetzt und am 4. Mai 2016 als Bestandteil des kantonalen Richtplans durch den Bundesrat genehmigt.
Ziele
Leitmotiv für die Massnahmen des Gewässerrichtplanes Kander ist die Gewährleistung eines nachhaltigen und attraktiven Raums entlang der Kander. Es wird einerseits ein ausreichender Hochwasserschutz angestrebt, andererseits soll das Kandertal über gewässer- und auentypische Lebensräume verfügen um der regional beheimateten Tier- und heimischen Pflanzenwelt das Bestehen langfristig zu gewährleisten.
Ziel der aktuellen Umsetzung von Massnahmen ist es, die mit dem Gewässerrichtplan Kander festgelegte ganzheitliche, nachhaltige, unter Einbezug der Bevölkerung angestrebte Entwicklung der Kander koordiniert zu realisieren.
Gewässerrichtplan Kander
Der Perimeter des Gewässerrichtplans Kander umfasst den gesamten Kanderlauf vom Ursprung am Kanderfirn bis zum Thunersee an das Kanderdelta. Er umschreibt wie der Hochwasserschutz an der Kander in den kommenden Jahrzehnten verbessert und der Fluss als Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen gestaltet werden soll. Der Gewässerrichtplan Kander umfasst vier Schwerpunkte: Hochwasserschutz, Sohlenstabilisierung, Gewässerunterhalt und Ökologie. Er formuliert generelle Massnahmen (Gewässerentwicklungsraum, Gewässerunterhalt, Geschiebemanagement, Fischdurchgängigkeit, Schwemmholzmanagement, Artenschutz- und Förderung, Förderung Ufervegetation und Wasserkraftpotenzial), die den ganzen Flusslauf betreffen, sowie streckenbezogene, punktuelle und prozessspezifische Massnahmen (Hochwasserschutz, Flussaufweitungen, Geschiebebewirtschaftungsmassnahmen, Gewässerstrukturentwicklungen).
Die Massnahmen des Gewässerrichtplans Kander wurden als Festsetzungen vom Regierungsrat am 30. Oktober 2013 erlassen. Der Gewässerrichtplan Kander wurde anschliessend als Bestandteil des kantonalen Richtplans 4. Mai 2016 durch den Bundesrat genehmigt. Die Inhalte des Gewässerrichtplans Kander entfalten damit eine rechtlich bindende Wirkung für Bundes-, Kantons- und Kommunalbehörden.
Die Massnahmen des Gewässerrichtplans Kander werden durch die wasserbaupflichtigen Schwellenkorporationen und Gemeinden im Rahmen von einzelnen Projekten umgesetzt. Der Massnahmenvollzug wird durch die Kander-Kommission begleitet und koordiniert.
Kander-Kommission
Die Kander-Kommission wurde als Koordinations- und Informationsplattform für den langfristigen Massnahmenvollzug des Gewässerrichtplans Kander am 12. August 2014 konstituiert. Sie besteht aus den Schwellenkorporationen, den Einwohnergemeinden, den Planungsregionen sowie den zuständigen Fachstellen des Kantons Bern und agiert unter der Federführung des Tiefbauamts des Kantons Bern. Die Kander-Kommission tagt in der Regel einmal jährlich im Frühling.
Die Kander-Kommission formuliert Anträge für Wasserbauprojekte, schlägt Lösungen vor und vermittelt bei Schwierigkeiten. Die Umsetzung von wasserbaulichen Massnahmen und solchen des Gewässerunterhalts, damit auch von Massnahmen des Gewässerrichtplans Kander, ist weiterhin in der Zuständigkeit der wasserbaupflichtigen Schwellenkorporationen und Gemeinden.

Übersicht Wasserbauvorhaben an der Kander
Die Umsetzung von wasserbaulichen Massnahmen ist Sache der für den Wasserbau und Gewässerunterhalt zuständigen Schwellenkorporationen und Gemeinden.
Unter anderem sind folgende Wasserbauvorhaben in der Planung resp. Realisierung:
- Kandersteg, BKW Wehr, Längsvernetzung › Vorprojekt in Erarbeitung; revidiertes Vorprojekt zur materiellen Prüfung bei Kanton und BAFU eingereicht.
- Kandergrund, Blausee, Hochwasserschutz Kander: Ufererhöhungen › Vorprojekt abgeschlossen; Weiterführung des Projekts bis auf Weiteres sistiert.
- Frutigen, Kanderbrücke, Hochwasserschutz Kander: Ufererhöhungen und Hubbrücken › Laufendes Wasserbauplanverfahren, Vorprüfungsbericht vom April 2023, Gutachten zur Beurteilung Schonung ISOS durch ENHK / EKD im Februar 2024, Bereinigung Bauprojekt in Arbeit.
- Frutigen, Grassi und Dorf, Hochwasserschutz Engstlige: Holzrückhalt, Ufererhöhungen und Brückenanpassungen › Projekt seit Anfang 2025 in Vernehmlassung; öffentliche Auflage Ende 2025 geplant.
- Reichenbach und Frutigen, Schwandi Ey 2, Revitalisierung: Flussaufweitung und Geschiebezugabe › Vertiefte hydrogeologische Untersuchungen erfolgt, Sofortsanierung Schwelle Nr. 26 2022 erfolgt, vorgezogener Ersatz Schwelle Nr. 26 2024 erfolgt.
- Reichenbach, Gand, Schwelle Nr. 26, Längsvernetzung: Blockrampe, Brückenerhöhung › Sofortsanierung Schwelle Nr. 26 2022 erfolgt, vorgezogener Ersatz Schwelle Nr. 26 2024 erfolgt.
- Reichenbach, Hochwasserschutz Kander + Louwibach: Ufererhöhung und Blockrampe › Planauflageverfahren mit abschliessender Vernehmlassung bei Bund ab 1. Quartal 2025, danach öffentliche Auflage.
- Aeschi, Reichenbach, Spiez und Wimmis, Aktualisierung des Vorprojekts Wasserbauplanung Kander, Abschnitt Simme-Suld (2014) zwischen Autobahnbrücke (Q7/8/9, Massnahme Nr. 3) bis Schwelle unterhalb Niesenbahn (Q24, Massnahme Nr. 16; Grund: neue fischereiliche Anforderungen).
- Wimmis und Aeschi, Heustrich, Längsvernetzung: Blockrampe › Vorprojekt in Erarbeitung.
- Wimmis und Spiez, Stägweid: Längsvernetzung Kander: Blockrampe (Ersatz Schwellen Nrn. 14 + 16) › Entscheid AWA Aufhebung Sanierungspflicht durch BKW; Übernahme Projektierung durch SK Wimmis und Gemeinde Spiez; Überprüfung Variantenstudium, Festlegung Kostenteiler.
- Spiez und Wimmis, Fassung BKW, Längsvernetzung: Fischauf- und -abstieg (Wasserkraftwerk Spiez) ›Vorprojekt in materieller Prüfung bei BAFU.
- Spiez und Wimmis, Steinigand-Schache: Revitalisierung, Fischgängigkeit und Flussaufweitung Kander › Sofortmassnahmen im Bereich Brücke ausgeführt, wasserbauliche Planungen in Arbeit.
- Wimmis und Spiez, Aquädukt: Längsvernetzung Kander, Sohlensicherung und Fischgängigkeit › Vorprojekt mit aufgelöster, unstrukturierter Blockrampe (Bestvariante) in materieller Prüfung bei den kantonalen Fachstellen und Wasserbauträgern.
- Spiez, Thun und Reutigen, Autobahnbrücke A6: Ersatz Blockrampe › Wasserbaubewilligung im Mai 2024 erteilt, voraussichtlicher Baubeginn im Herbst 2025.
(Stand: März 2025)
